Anna-Lena Hennig

Rollstuhlbasketball – eine Perspektive für das Leben

Anna-Lena Hennig hat Biss. In den Zweikämpfen kann ihr so leicht keiner das Wasser reichen. Hochkonzentriert arbeitet sie gegen ihren Trainingspartner, der zwischen zwei Linien auf dem Boden versucht, an ihr vorbeizukommen. Links-rechts-Drehungen, abstoppen, schnelle Reaktionen – es rappelt ordentlich, wenn die Rollstühle ineinander krachen. Ballhandling, Ausdauer und Krafttraining sind weitere Inhalte, die ihre Trainingseinheiten füllen. Die 21-Jährige mit einer spastischen Diparese spielt in der U25-Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft der Damen sowie mit dem BBC Münsterland in der 1. Bundesliga. Auf Position eins ist sie diejenige im Team, die die Bälle verteilt und dadurch die Verantwortung für die Umsetzung der Strategie und den Spielfluss trägt. Schnelle Entscheidungen zu treffen, bedeutet für sie Herausforderung und Einflussmöglichkeit zugleich. Diese Fähigkeit brachte sie mit dem Nationalteam 2019 ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft in Thailand.

Rollstuhlbasketball ist im Leben der jungen Sportlerin von enormer Wichtigkeit und hat ihr aus psychisch schweren Zeiten herausgeholfen. „Auf lange Sicht wirkt sich das Training auch positiv auf meine Spastik in Armen und Beinen aus. Allerdings muss ich zugleich aufpassen, dass ich nicht zu viel mache, weil die Spastiken dann nachts kommen.“ Bei acht bis neun Trainingseinheiten pro Woche ist es unter anderem dieser Balanceakt, der Anna-Lena Hennig vorantreibt. Und noch mehr: „Rollstuhlbasketball ist schnell und niemals im Stillstand. Die Technik und die Spieler entwickeln sich ständig weiter. Dementsprechend bist du in deiner Entwicklung nie fertig“, erläutert sie. Zuletzt hat die COVID-19-Pandemie diese Entwicklungsmöglichkeiten stark ausgebremst und einen Vereinswechsel bewirkt. Bisher spielte sie mit dem RSC Osnabrück/Team BEB in der Regionalliga. Mit dem zweiten Shutdown wurden Training und Spielbetrieb jedoch eingestellt. Deshalb ist Anna-Lena Hennig seit Januar 2021 beim BBC Münsterland aktiv. „Das Team-Training dreimal pro Woche gibt mir mein sportliches Leben und meine Struktur zurück.“ Und ihren Biss.

Heike Werner