Tina Deeken

Eisschwimmen – keine Angst vorm Zittern

Nein, Tina Deeken friert nicht gern. Und auf Fragen wie „Ist das nicht kalt?“ mag sie eigentlich gar nicht antworten. Natürlich ist eine Wassertemperatur von unter fünf Grad Celsius nichts, was mit der heimischen Badewanne oder einem gut geheizten Freibad mithalten kann. Und dennoch: Die 46-Jährige, die für die SSF Obernkirchen und den VfL Eintracht Hannover bei Wettkämpfen an den Start geht, ist mit einer Leidenschaft Para Eisschwimmerin und Triathletin, die ihresgleichen sucht. Diese Leidenschaft ist kaum zu glauben, wenn man erlebt, wie sehr es ihren ganzen Körper nach dem Schwimmen im eiskalten Nass vor Zittern durchschüttelt. „Aber durch das Zittern wird man ja wieder warm“, sagt sie achselzuckend. Im Winter 2022 hat ihr dieser ungewöhnliche Sport insgesamt sieben Weltmeistertitel im Para Eisschwimmen eingebracht. Über 500, 250, 100 und 50 Meter Freistil, über 100 und 50 Meter Brust sowie über 50 Meter Rücken. Insgesamt hängen dementsprechend im heimischen Wohnzimmer in Hannover zwei Kilogramm Edelmetall. „Ich war anfangs der festen Überzeugung, dass Eisschwimmen nichts für mich ist“, sagt sie. „Mit der Zeit habe ich mich aber dran gewöhnt, in immer kälterem Wasser zu schwimmen.“

Ein angeborener Hüftschaden musste im Jugendalter operiert werden, es gab Komplikationen, und der Ischiasnerv wurde so geschädigt, dass das linke Bein seither gelähmt ist. An das geliebte Tennisspielen war nicht mehr zu denken. Schmerzen, eine Ganzbeinorthese und eine Kniegelenksorthese für das bändergeschädigte rechte Bein verhinderten das. „Aber beim Schwimmen habe ich relativ schnell gemerkt, dass das gut gegen die Schmerzen ist.“ So wurde das Schwimmen zur täglichen Routine. 2014 wagte sie sich an ihren ersten „Zwei-Drittel-Triathlon“ heran – ohne das abschließende Laufen. Durch Unterstützung der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung und eines privaten Spenders konnte sie sich schließlich einen Rennrollstuhl kaufen, mit dem sie seitdem die dritte Disziplin absolviert. „Ich hatte die Wahl, mich aufs Sofa zu legen und sauer zu sein, weil ich keine Ballsportart mehr machen kann oder etwas aus meiner Situation zu machen.“

Heike Werner