Elke Seeliger

Der Werkzeugkoffer ist immer dabei

Elke Seeliger hat aufgerüstet – in vielerlei Hinsicht. Ein neues Luftgewehr, ein optimierter Rollstuhl, eine maßgeschneiderte Schießjacke. Und spätestens, seit sie auch neu klassifiziert wurde, „läuft's“, wie sie betont. Denn trotz zahlreicher Veränderungen in ihrem sportlichen Leben ist inzwischen so etwas wie Ruhe eingekehrt – zumindest soweit das bei einer Sportschützin möglich ist. Ohne Ruhe hätte sie ihrem Team bei der Weltmeisterschaft im Para Sportschießen nicht zur Bronzemedaille verhelfen können und auch nicht zum Mannschafts-Gold bei den Europameisterschaften. Eine erstaunliche Leistung nach all den Umstellungen, die sie seit Januar 2017 durchlebt hat. Zunächst hat sich die Krankheit der 46-Jährigen vom SV Etzhorn/Team BEB verschlechtert. Syringomyelie – eine stetig voranschreitende Erkrankung des Rückenmarks. Eine Lähmung des linken Beins und mittlerweile auch eines Teils der linken Rumpfmuskulatur sind die Symptome. Inzwischen darf sie deshalb im Wettkampf eine kleine Rückenlehne benutzen. „Die Schwierigkeit lag aber darin, dass mein Puls über die Lehne in den Arm und damit in den Gewehrlauf übergeht. Dadurch ist es viel schwieriger, das Gewehr ruhig zu halten“, erklärt die Sportschützin. Eine Herausforderung, die sie von Beginn an nicht aus der Ruhe gebracht hat. Ebenso wenig wie die Schießjacke, die sie sich eine Woche vor der WM in Korea kurzerhand selbst umgeschneidert hat, weil kurzfristig die 900 Euro für eine notwendige neue nicht verfügbar waren. „Wenn es etwas einzustellen oder zu reparieren gibt, habe ich immer meinen Werkzeugkoffer dabei.“ Ob Panzertape oder Kabelbinder – Elke Seeliger kommt im Wettkampf sehr gut allein zurecht. Ihre sportlichen Erfolge hat sich die ehemalige Reinigungskraft und Brunnenbauerin hart erarbeitet: 19 Stunden Training pro Woche, bestehend aus Schießübungen, Muskelaufbau, Physiotherapie und Ausdauertraining auf dem Fahrrad – der tägliche Umgang mit den Schmerzen und die so notwendige Regeneration füllen ihre Wochen. „Es ist ein Leben für das Schießen. Ohne Knall kann ich einfach nicht.“

Heike Werner